Entscheidungen

Die Frage schleicht sich leise an mich heran, überfällt mich hinterrücksin einem Moment der Schwäche, sie entreißt mir die Kontrolle und bringt mich ins schwanken, diese Frage lässt mich fallen und ehe ich mich versehe liege ich dort am Boden, sehe verdutzt hoch und da steht sie, spöttisch über mich gebeugt und mit einem hämischen Grinsen auf den Lippen, diese eine Frage : Was tue ich hier eigentlich? Und ich kann ihr nicht antworten, kann ihr nichts entgegnen und sie einfach vortschicken. Ich kann es nicht, da ich es nicht weiß. Also, was tue ich hier? Auch wenn ich wieder aufgestanden bin, mein Gleichgewicht wiedergefunden habe und fest auf den Beinen stehe, wenn sich die Frage längst verzogen hat und alles, was von ihr geblieben ist ein paar blaue Flecken auf der Schale meines Selbstbewusstseins sind, selbst dann noch sehe ich ihr Grinsen und ich spüre die Furcht, die mich in dem Moment überkam, als ich das Gleichgewicht verlor. Ich spüre wieder die Unsicherheit, die mich durchfuhr, als ich fiel, dieses Gefühl, dass da nichts ist, was einen hält, niemand der einen auffängt, und der Schmerz, der mich durchfuhr, als ich dann auf den Boden der Tatsachen aufschlug. Und von dem Moment an lässt mich die Frage nicht mehr los. Sie flüstert mir in einsamen Nächsten ins Ohr und umschließt meinen Nacken mit ihren staubigen Fingern und treibt mir in leisen Momenten die Tränen in die Augen. Sie beraubt mich meiner Träume und meiner Zuversicht, sie nimmt mir die rosarote Brille ab und lässt mich das triste Grau meiner Welt mit aller Härte erkennen - und ich bin ihr dankbar dafür. Denn so sehr es auch schmezt, so sehr es mich in den Wahnsinn treibt und mich verzweifeln lässt, so sehr bietet es mir auch die Chance für einen Neuanfang. Es bietet mir die Chance, mein Leben für einen Moment anzuhalten und zu überdenken, nicht einfach so dahinzuleben, sondern bewusst Entscheidungen zu treffen. Und zwar die schwersten Entscheidungen, die das Leben einem in den Weg werfen kann. Und ich würde es nicht anders wollen.

Oder würdet ihr in einer Welt ohne eigene Entscheidungen, ohne eigenen Einfluss auf den Verlauf eures Lebens leben wollen, bloß weil das oft einfacher wäre, als sich Tage- und Wochenlang den Kopf zu zerbrechen über jeden Schritt, den ihr geht?

Ich habe Angst davor, zu viele Ängste zu haben. Zu viel was mich runterzieht und zurückhält. Was mich abbringt von meinem Weg. Zu viel Furcht vor dem, was kommen mag. Zu viel, was mich davon abhält, mich fallen zu lassen, die Augen zu schließen und zu springen. Ich habe Angst, dass meine Ängste überwiegen, dass sie mein Vertrauen in den Zufall überdecken und meinen Glauben an das Glück zerstören. Davor, dass die Furcht größer ist als der Drang nach Neuem, nach unentdecktem, nach unerlebten Abenteuern. Oder dass sie mich für immer fesselt, mich nicht gehen lässt, so sehr ich es auch will. Dass ich stehen bleibe an den wichtigsten Gabelungen meines Lebensweges und vor lauter Angst, den falschen Weg einzuschlagen, vor dem, was mich hinter der nächsten Kurve erwartet, lieber auf der Stelle zu treten. Für immer. Ich habe Angst, zu viele Ängste zu haben. Aber am meisten Angst habe ich davor, niemals die Chance zu bekommen, diese Ängste zu überwinden, ihnen zu trotzen und den nächsten Schritt zu wagen, langsam, einen nach dem anderen, aber ihn zu wagen, komme was da wolle.

Faceless

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